Susanne Hartmann
informierte über die neusten
Entwicklungen im Projekt Wil West.
Marco Ellena-Venturini führt sein Geschäft zusammen mit seiner Frau Astrid schon seit vielen Jahren in der Altstadt von Wil.
In diesem Sommer schliessen in der Wiler Altstadt zwei «Lädeli». «Kein Grund, Trübsal zu blasen», betont Marco Ellena-Venturini. Der Unternehmer betreibt seit vielen Jahren sein Geschäft in der Marktgasse.
Wil Marco Ellena-Venturini geht durch die Marktgasse, es ist einer der wenigen sonnigen Morgen der letzten Wochen. «Es gibt in jeder Stadt Leerstände, nicht nur hier in der Altstadt», platzt es aus dem Unternehmer heraus, während er auf das Regalo zeigt, welches in wenigen Wochen schliessen wird. Den WN haben die Betreiber als Mitgrund für die Schliessung die Lage in der Kirchgasse angegeben. Die Marktgasse laufe viel besser, hiess es. Marco Ellena-Venturini, der sein Geschäft zusammen mit seiner Frau Astrid zwischen der Kirch- und der Marktgasse betreibt, widerspricht. «Das stimmt nicht, die Lage beim Bärenbrunnen ist ideal. Die Leute können direkt in den Laden schauen, aber wenn man Produkte hat, die nicht gefragt sind, dann kann es nicht gut laufen.» Für Ellena-Venturini gehört eher ein Coiffeur in das Objekt, jedenfalls jemand, der selbst engagiert ist und davon auch leben möchte. Geht es nach dem Wiler, spreche man viel zu wenig über die Läden, die gut laufen und die Lehrlinge ausbilden. «Ein gutes Beispiel ist die Boutique Rif. Über 40 Jahre hat Priska Bikti ihr Geschäft mit viel Leidenschaft geführt und wird nun pensioniert. Das ist eine Erfolgsgeschichte», so Ellena-Venturini.
Ein paar Schritte später steht Marco Ellena-Venturini vor dem «La Moka». Hier trinkt der Unternehmer gerne seinen Kaffee. «Ich finde, die Altstadt ist via Parkhaus super erreichbar, wir haben genügend Kurzparkplätze und noch dazu ein super Gastro-Angebot», so der Unternehmer. Er selber habe sogar Kunden, die gezielt aus Zürich und aus dem Ausland hierherkommen. «Uns war und ist es immer wichtig, dass die Leute gerne herkommen und verweilen können. Auch das ‹La Moka› ist ein gutes Beispiel dafür. Die Betreiber haben einen Ort geschaffen, der seinesgleichen sucht, gemütlich und gut. Da gibt es Kundschaft, die kommt extra für das ‹La Moka› in die Altstadt, und so muss es sein.» Auch den Geschäftsmix sieht Ellena-Venturini durchaus positiv: «Es ist tatsächlich so, dass nicht nur Dienstleister hier in der Altstadt sind, und ich mag das. Da man sieht, dass jemand da ist und arbeitet. Man kommt gezielt, etwa zum Schuhmacher.» Es werde aber nie so sein, dass Touristen hier mit gefüllten Säcken spazieren, ist sich Ellena-Venturini sicher. «Träumen ist schön, aber hier müssen wir auch realistisch sein. Wichtig ist, dass wir keine Parkplätze abschaffen, da die Erreichbarkeit für uns Geschäfte eine sehr wichtige Rolle spielt», betont der Wiler. Ein Wunschgedanke schwirrt Ellena-Venturini dann aber doch noch vor: «Es wäre schön, wenn wir eine Fachhochschule in der Stadt Wil hätten. Das würde eine ganze andere Dynamik auch in die Gassen der Altstadt bringen.»
Stephanie und Andy Osterwalder vom Regalo betonten in ihrem Gespräch mit den WN vor ein paar Wochen auch, dass man die Obere Bahnhofstrasse und die Altstadt besser verbinden solle, etwa bei Anlässen wie Viva Wil. Angesprochen auf dieses Thema nimmt Marco Ellena-Venturini kein Blatt vor den Mund. «Warum das nicht besser funktioniert, das kann ich genau sagen. Das liegt am Vorstand der Interessengemeinschaft Obere Bahnhofstrasse Wil (IGOB) und ich kann dazu ein Beispiel bringen.» Marco Ellena-Venturini holt aus: «Vor vielen Jahren wollten ein paar Artgarden-Gärtner in die Altstadt kommen. Ich habe bei der Stadt angefragt, ob dies möglich wäre. Wil gab das Okay, aber der Gärtner musste die IGOB anfragen. Leider wurde die Anfrage abgelehnt.» Vor rund fünf Jahren, so der Unternehmer, suchte der IGOB-Vorstand neue Mitglieder. Marco Ellena-Venturini und weitere Geschäftstreibende aus der Altstadt waren an der GV der IGOB mit dabei und wollten laut Ellena-Venturini ausloten, ob man beitreten möchte: «Wir mussten schmunzeln, als wir gefragt haben, ob die Anlässe bis in die Altstadt hochgezogen würden, wenn wir da mitmachten und die gleichen Beiträge zahlten wie die anderen. Die Antwort war Nein. Es kann nicht sein, dass wir Mitglied sind, bezahlen und nicht davon profitieren können.» Der Austausch finde aber unter den Vorständen regelmässig statt und laut Ellena-Venturini gebe es auch keinen Zwist. «Aber manchmal muss man klarstellen, dass es nicht immer die Altstadt ist, die keine Zusammenarbeit möchte.»
Zum Ende des Gesprächs steht Marco Ellena-Venturini auf dem Hofplatz. «Ich hoffe, dass es mit dem Hof nach der Wiedereröffnung gut läuft, da das Bauwerk ein Magnet ist. Zudem hoffe ich, dass weiterhin Geschäfte hierherkommen, die bereit sind, zu arbeiten und davon zu leben», so der Unternehmer. Es gebe immer ein Auf und Ab und die Kundschaft sei ein bisschen vorsichtiger geworden, so der Unternehmer und ergänzt: «Dann muss man selbst innovativ sein. Wir etwa verkaufen nicht nur, sondern bieten auch vieles an, wie etwa Reparaturen im Uhren- oder Schmuckbereich. Viele Geschäfte haben hier oben einen Kundenservice, und genau hier hat eine Altstadt die Chance, zu glänzen, da der Trend wieder zurückgeht in Richtung Beratung.» Vielleicht, munkelt Ellena-Venturini, gebe es in Zukunft eine Mischform von persönlicher Beratung und Onlineservice, das könne er sich vorstellen. In ein paar Minuten ist Mittag, dann dreht der Unternehmer gerne eine Runde um den Stadtweier. «Da geht mir das Herz auf, die Stadt Wil ist lebenswert», schwärmt Ellena-Venturini.
Von Lui Eigenmann
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