Simon Keller
erklärt, worauf es beim Bauen von Alphörnern ankommt.
Im März 2021 stimmte die Flawiler Bevölkerung dem Neubau einer Dreifachturnhalle und des Musikschulzentrums Feld als Holzbau zu. Als Heizanlage soll ein Eisspeicher die nötige Energie liefern. Doch zu welchem Preis?
Flawil Seit der Projektplanung im Frühjahr 2021 sind gute drei Jahre vergangen. Die Gemeinde optimierte das Projekt und reichte im Februar einen Nachtragskredit infolge markant angestiegener Baukosten ein. Die Mehrkosten von rund 2,73 Millionen Franken wurden vom Gemeinderat genehmigt. Der Eisspeicher im Untergeschoss der Dreifachturnhalle soll das bisherige Heizsystem ersetzen und liefert die Wärme für das Oberstufenzentrum, den Kindergarten Feld, die Seniorenwohnungen, den Lindensaal, die evangelische Kirche sowie das alte und neue Schulhaus Feld.
René Ackermann, Daniel Wendel und Thomas Duss von der SVP Flawil stehen diesem Projekt undvor allem dem Eisspeicher skeptisch gegenüber. «Wir sind klar für das Turnhallenprojekt mit einem nachhaltigen Heizanlagensystem», so Thomas Duss, Aktuar der SVPFlawil. Es sollte machbar sein, das Projekt umweltfreundlich und zugleich kosteneffizient zu gestalten, sind sich die Männer einig. Dabei solle auch die Bevölkerung aufgeklärt werden. Hierfür veranstaltete die SVP Flawil im Juni einen Höck zum Thema und lud Energieberater Richard Schlimpert ein. «Es wurden Stimmen laut, dass dieses Eisspeicherprojekt kritische Fragen aufwirft, die auch wir uns gestellt haben», erzählt Daniel Wendel. Es sei ihnen ein Anliegen, dass die Bevölkerung aufgeklärt werde und keine unnötigen Steuergelder verschwendet würden. «Es wird alles teurer, da sollte die Bevölkerung wissen, was mit ihrem Geld gemacht wird», so Wendel.
Bei der Messung der Wärmebezüge stellte die Gemeinde Flawil fest, dass das geplante Volumen des Wasser-Eis-Speichers nicht ausreichen würde, um die nötige Energie zu liefern. Deshalb wird bei der weiteren Planung der Eisspeicher um einen Drittel vergrössert, was zu Mehrkosten von 571’00 Franken führt. «Das ursprünglich geschätzte Budget von zwei Millionen war deutlich zu niedrig angesetzt», äussert Ortspräsident René Ackermann seine Bedenken. Sein Parteikollege Thomas Duss stimmt dem zu: «Bei der Kalkulation wurden unserer Ansicht nach die gesamten architektonischen Baukosten aussen vor gelassen.» Doch die Kosten sind mit der Fertigstellung des Gebäudes nicht beendet. «Die Wärmepumpenanlage mit Energie- und Latentspeicher ist komplex, sodass spezialisierte Fachkräfte erforderlich sind», gibt der Ortspräsident zu bedenken. Auf Anfrage der Redaktion nimmt Christoph Ackermann, Schulratspräsident der Gemeinde Flawil Stellung: «Das System ist nicht komplexer als andere Konzepte von Wärmepumpenanlagen mit gleicher Leistungsgrösse und den projektspezifischen Anforderungen. Es fallen darum keine höheren Unterhaltskosten an.» Der Wartungsaufwand sei im Vergleich mit anderen erneuerbaren Wärmeerzeugersystemen kostengünstiger. Eine Eisspeicherheizung sei sehr unterhaltsarm und könne von überall via Internet gesteuert und bedient werden, so Christoph Ackermann.
Neben den Kosten äussern die drei SVP-Vertreter auch Bedenken gegenüber dem experimentellen Charakter des Projekts. «Für die Vorbereitung auf unseren Höck haben wir uns mit Christoph Diem der IG Nachhaltige Zukunft Flawil zusammengesetzt», verrät Duss. Für ein Wärmepumpensystem dieser Grösse gebe es kein vergleichbares in der Region. Man habe keine konkreten Messdaten eines solchen Eisspeichers, weiss René Ackermann. «Energieberater im Kanton Zürich haben das Konzept des Eisspeichers verworfen, da es nicht die gewünschte Effizienz bringt», erfuhr Duss im Gespräch mit Christoph Diem. Die Gemeinde Flawil stütze sich bei den Messdaten auf die Berechnungen des Planungsbüros, so Christoph Ackermann: «Das Konzept sieht eine energieneutrale Heizanlage vor. Das heisst es wird mit der PVT-Anlage mehr Strom produziert als die Wärmepumpe über das Jahr verbraucht. Mit dem thermischen Ertrag der PVT-Anlage wird der Energie- und Latentspeicher mit der benötigten Wärme als Wärmequelle der Wärmepumpe versorgt. Damit kann die Effizienz der Wärmepumpenanlage im Bereich einer Anlage mit Erdwärmesonden realisiert werden».
Der Eisspeicher allein reicht nicht aus, um alle Gebäude ausreichend zu versorgen. Die Warmwasserversorgung der Turnhalle und des Altersheims läuft mit einem gasbetriebenen Blockheizkraftwerk (BHKW). Ein BHKW beinhaltet einen Verbrennungsmotor mit einem Generator, der wiederum elektrische Energie abgibt und diese Abwärme wird zum Heizen benutzt. Für Spitzenlasten würde ebenfalls eine Gasheizung zum Einsatz kommen, weiss Wendel: «Mit dem Einsatz der Gasheizung stellt sich für uns der nachhaltige Aspekt des Projekts infrage». Dem hält Christoph Ackermann entgegen, dass das BHKW teil des Systems sei und die Effizienz erhöhe. Damit werde die höhere Temperatur für die Warmwasserversorgung der Alterssiedlung und der Turnhalle erzeugt. Der Wärmeverbund könne in Bezug auf die Musikschule, das Schulhaus und den Kindergarten Feld, die evangelische Kirche, sowie den Lindensaal darum im Sommer ganz heruntergefahren werden, weiss der Schulratspräsident. «Zudem wird das BHKW mit Biogas betrieben», ergänzt er.
Die SVP Flawil will aber nicht nur ihre Bedenken äussern, sondern zeigt auch eine alternative Lösung auf. «Der hohe Anteil von Gas passt nicht in ein nachhaltiges Konzept», so Duss. Eine gasfreie Alternative wäre das Fernwärmeprojekt der Technischen Betriebe Flawil (TBF), sind sich die drei einig. Hierbei werde die Restwärme aus dem Abwasser der ARA genutzt. «Würde die Gemeinde für dieses Projekt die TBF miteinbeziehen, könnte dies eine wertvolle Zusammenarbeit sein», ist sich Wendel sicher. Die Fernwärmeversorgung Flawil stelle eine neue Ausgangslage dar, so auch Christoph Ackermann. «Die Verfügbarkeit und weitere Aspekte der Fernwärmeversorgung Flawil werden derzeit mit dem Projekt abgeglichen.» Ab Juli wird das Projekt «Dreifachturnhalle mit Musikschule und Eisspeicher» realisiert. Welche Lösung es denn nun sein wird, zeigt die Zeit.
Von Dominique Thomi
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Ein Eisspeicher wird genutzt, um Wärme oder Kälte zu speichern. Der Energiespeicher erzeugt überschüssige Energie in Form von Eis, das zu einem späteren Zeitpunkt zur Heizung oder Kühlung verwendet werden kann. Um die Energie effizient zu nutzen, wird ein Eisspeicher oft in Kombination mit einer Kältemaschine oder einer Wärmepumpe eingesetzt.
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