Cristina Roduner
weiss, was man bei der Verwendung von KI beachten muss.
Cybermobbing – intime Geheimnisse und Fotos gelangen innert Sekunden an Tausende Menschen weltweit. Am kommenden Montag lädt die Kommission Kinder- und Jugendpolitik Sirnach (KKJPS) Eltern und Interessierte aus der Region zum Informationsabend ein. Thema des Vortrags: «Hilfe, mein Kind wird gemobbt».
Sirnach Yvonne Koller-Zumsteg, Gemeinderätin Ressort Soziales und Gesundheit in Sirnach, ist Präsidentin der Kommission Kinder- und Jugendpolitik Sirnach (KKJPS). Sie weiss um die schwerwiegenden Folgen für die Betroffenen von Mobbing, wie Leistungsabfall, Schlafstörungen, Depressionen und sogar Suizidgedanken. «In dem von uns organisierten Referat erfahren Eltern, was Mobbing und Cybermobbing sind und wie sie ihre Kinder unterstützen können», erzählt sie. Die Referentin Christelle Schläpfer von Edufamily ist ehemalige Gymnasiallehrerin und Expertin für Mobbing und Cybermobbing. Mit über zehn Jahren Erfahrung in der psychosozialen Beratung und der damit einhergehenden internationalen Lehrtätigkeit in Barcelona und Paris setzt sie sich dafür ein, Mobbing nachhaltig zu lösen. Die WN haben im Vorfeld mit ihr gesprochen.
Christelle Schläpfer, wie kamen Sie dazu, sich so intensiv mit dem Thema Mobbing zu beschäftigen?
Ich war früher Gymnasiallehrerin und habe in meinen Klassen Mobbingfälle erlebt, die ich lösen konnte. Das sprach sich herum, und auch Kollegen suchten meinen Rat. Nach meinem Ausstieg aus dem Schulalltag und meinem Wechsel in die Elternbildung, -beratung und Lehrerfortbildungen wurden mir immer wieder Mobbingfälle zugetragen. Dabei fiel mir auf, wie vielschichtig und komplex Mobbing und Cybermobbing sind – kein Fall ist wie der andere.
Welche Anzeichen weisen darauf hin, dass ein Kind gemobbt wird?
Viele von Mobbing betroffene Kinder holen keine Hilfe, da sie befürchten, die Situation könnte noch viel schlimmer werden, als sie schon ist. Eltern sollten auf unerklärliche Veränderungen achten, wie plötzlichen Rückzug, Ängstlichkeit, Reizbarkeit oder einen Leistungsabfall. Auch Kopf- und Bauchschmerzen ohne medizinischen Grund oder Schlafstörungen sind Warnsignale. Auffällig ist auch, wenn Kinder plötzlich kein Interesse mehr an früheren Hobbys oder Aktivitäten haben, die ihnen einst Freude bereitet haben.
Welche Folgen kann Mobbing für Kinder und Jugendliche haben?
Mobbing und Cybermobbing können traumatische Folgen für die betroffenen Kinder haben, von Schlaf- und Essstörungen, der Entwicklung von Ängsten bis hin zu Depressionen. Diverse Studien zeigen, dass Erwachsene, die als Kind Mobbing erlebt haben, als Folge häufiger psychische Probleme wie Depressionen oder Ängste entwickeln und mehr Schwierigkeiten haben, Beziehungen einzugehen, als andere. Die Suizidrate bei Erwachsenen, die in der Kindheit Mobbing erlebt haben, ist dreimal höher als bei anderen Menschen.
Gibt es wesentliche Unterschiede zwischen «analogem» Mobbing und Cybermobbing?
Beides kann schwerwiegende Folgen für die Kinder haben. Bei Cybermobbing kommt allerdings noch hinzu, dass das Publikum unüberschaubar gross ist und rund um die Uhr gemobbt werden kann, also auch während der Schulferien oder auch, wenn man in eine andere Gemeinde zieht. Das heisst, man hat noch weniger Kontrolle. Beschämung, zum Beispiel in Form von Veröffentlichung eines intimen oder peinlichen Bildes oder eines persönlichen Geheimnisses kann sehr beängstigend für die betroffenen Jugendlichen sein. Grundsätzlich kann man aber nicht sagen, dass die eine oder andere Form, also klassisch/analog oder Cybermobbing schlimmer ist.
Welche Rolle spielen die Eltern im Umgang mit Mobbing?
Es ist von höchster Wichtigkeit, dass Eltern bei Verdacht auf Mobbing nichts ohne das Einverständnis des Kindes unternehmen. Eltern sollten das Gespräch mit der Schule suchen, da Mobbing in einem sozialen System entsteht und dort gelöst werden muss. Gleichzeitig sollten sie für ihr Kind da sein.Wichtig ist: Mobbing darf nicht ignoriert werden. Das wäre der schlimmste Ratschlag, den man den Opfern oder ihren Eltern geben kann.
Wie kann Mobbing gestoppt werden?
Mobbing passiert meist im Verborgenen. Um eine Mobbingspirale auflösen zu können, muss die Schule informiert werden, damit sie auf Systemebene (Klasse, Schule etc.) etwas unternehmen kann. Besonders bedrückend für die betroffenen Schülerinnen und Schüler ist es, alleine mit ihrem Problem zu bleiben. Wenn das Vertrauen zur Lehrperson oder zur Schulsozialarbeit fehlt oder die betroffenen Kinder sich schämen, über gewisse Dinge mit den Eltern zu sprechen, dann gibt es auch andere Anlaufstellen, wie die offene Jugendarbeit, die 147 der Pro Juventute oder die Opferhilfestellen. Alleine kommen die Betroffenen in der Regel nicht aus der Mobbingfalle raus.
Worauf sind Sie besonders stolz, wenn Sie auf Ihre bisherige Arbeit zurückblicken?
Das schönste Feedback, dass ich je erhalten habe, war von einer Schulsozialarbeiterin, die mir mitteilte, dass mein Podcast (Mobbing anders angehen) ihre «Rettung» gewesen sei und ihr geholfen habe, eine schwierige Mobbingsituation zu lösen, obwohl die Lehrperson und die Schulleitung das Problem nicht als solches anerkannten. Am meisten freue ich mich aber, dass ich nicht nur in der Schweiz mit diesem Thema unterwegs sein darf, sondern auch in ganz Europa und Lateinamerika.
jms
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