Jigme Shitsetsang
erklärt den Zusammenhang zwischen der Schulraumplanung und der sozialen Durchmischung.
Eine Äbtissin stach besonders hervor, und das nicht nur positiv. Doch was sie hinterlässt, begeistert Kunsthistorikerin Betty Sonnberger bis heute
Tänikon bei Aadorf Was haben ein mittelalterliches Kloster und eine heutige Firma gemeinsam? Dieser Frage ging Betty Sonnberger, Kunsthistorikerin und Expertin für Kirchengeschichte, am Museumshäppli vom Donnerstag, 25. Juli, nach. Sie bot einen Einblick in die Struktur früherer Frauenklöster im Thurgau und richtete das Scheinwerferlicht auf deren tatkräftige weibliche Führungskräfte – auch in Tänikon.
Das Kloster Tänikon bei Aadorf war einst ein Zisterzienserinnenkloster im Kanton Thurgau. Es wurde im Jahr 1249 gegründet und spielte eine wichtige Rolle in der religiösen und kulturellen Entwicklung der Region. Im Zuge der Reformation wurde das Kloster im 16. Jahrhundert säkularisiert. Heute dient das ehemalige Klostergebäude als landwirtschaftliche Forschungsanstalt und Kulturzentrum. Es ist bekannt für seine gut erhaltene barocke Klosterkirche und seine historische Bedeutung als Ort des geistlichen Lebens und der Bildung in der mittelalterlichen Schweiz.
Was also haben mittelalterliche Klöster und eine heutige Firma gemeinsam? Auf den ersten Blick nur wenig. Beim genaueren Hinschauen sind jedoch durchaus Parallelen zu erkennen. «Eine Äbtissin würde man heute als CEO bezeichnen», meint Kunsthistorikerin Betty Sonnberger. Als Vorsteherin eines Frauenklosters wie jenes in Tänikon war die Äbtissin Dreh- und Angelpunkt des klösterlichen Lebens. «Sie leitete Gebete und Gottesdienste, verwaltete die materiellen Güter des Klosters, plante und organisierte die tägliche Routine, sorgte für die Einhaltung der Disziplin, war verantwortlich für die Instandhaltung der klösterlichen Gebäude und überwachte die Finanzen», erklärt Sonnberger die Rolle einer Äbtissin. So machte sie ihre Stellung innerhalb des Klosters, aber auch in der Gemeinschaft, zu einer mächtigen Person in einer männerdominierten Welt.
Obwohl sie grossen Einfluss hatten, seien viele Äbtissinnen in der Geschichtsschreibung in Vergessenheit geraten. Meist seien nur ihre Lebensdaten bekannt. Doch das Wirken und die Errungenschaften einiger einflussreicher Frauen im Thurgau seien laut Sonnberger noch heute präsent: «Beharrlichkeit und Biss haben sich schon damals ausgezahlt. Prächtig erhaltene Klosteranlagen und prunkvolle Kunstwerke aus Tänikon, Münsterlingen und St.Katharinental sind einzig dem Kunstsinn und der Freigiebigkeit dieser selbstbewussten Äbtissinnen zu verdanken.»
Bereits bei der Gründung des Frauenklosters in Tänikon traten viele adlige Töchter ins Kloster ein. Diese wurden von ihren Familien oft grosszügig unterstützt und spielten bereits erste Schätze und Reichtum in den Besitz der Kirche. So wurden beispielsweise einige der Schmuckstücke der Frauen von einem Künstler zu einem Kerzenständer verarbeitet. In der Reformationszeit Anfang des 16. Jahrhunderts verliess ein grosser Teil der Nonnen das Kloster. Erst 1550 wurde wieder eine neue Äbtissin eingesetzt, Sophia von Grüt. Sie warlaut Sonnberger eine der eindrucksvollsten Powerfrauen, die das Kloster zu bieten hatte: «Dieser Eindruck war jedoch nicht immer ein positiver. So wird ihre Persönlichkeit als energisch, herrschsüchtig und streitbar überliefert. So verliessen von den acht Frauen, welche von Grüt ins Kloster brachte, zwei dieses wieder. Eine war sogar sehr vokal darüber, dass sie von Sophia von Grüt rausgeekelt wurde: ‹Ihr habt auch gesagt, wer nicht gern bei Euch sei, der möge gehen: Das habe ich nun getan.›» Auch wenn ihre sozialen Fähigkeiten zu wünschen übrig liessen, so war sie dafür umso besser im Umgang mit den Finanzen. Durch von Grüts extreme Sparsamkeit wuchs das Vermögen des Klosters. Zudem hatte sie ein Geschick dafür, sich beschenken zu lassen. «Wenn man etwas nicht kaufen kann, muss man es geschenkt bekommen», soll ihr Motto gewesen sein. 46 Glasgemälde von ihrer Familie und weiteren Gönnern gingen während ihrer Amtszeit in die Schatzkammer des Klosters über. Zudem sorgte sie auch dafür, dass das Täniker Zimmer für den Beichtvater ausgebaut und mit aufwendiger Holzkunst verziert wurde. So hinterlässt von Grüt weit mehr als nur ihre Lebensdaten.
Eine weitere Täniker Äbtissin, die in die Geschichte einging, war Maria Johanna Baptista Rutz, welche sich vor der Thurgauer Regierung rechtfertigen musste, weil sie eben diese knausrig ersparten Glasmalereien an einen Sammler verkaufte. Dessen Erlös verwendete sie grösstenteils für die Kirche. Das Täniker Zimmer wurde durch die neuen Besitzer des Klosters an das Historische Museum Thurgau gespendet und steht heute im Schloss Frauenfeld.
jms
Sende uns ein Bild oder Video! Bild hochladen
Wir verwenden Cookies zur Unterstützung der Benutzerfreundlichkeit. Mit der Nutzung dieser Seite erklären Sie sich einverstanden, dass Cookies verwendet werden. Für weitere Informationen besuchen Sie bitte unsere Datenschutzerklärung
Lade Fotos..